Was ist Identität – und wer oder was hat eine?

 

Wenn wir von der Identität eines Menschen sprechen, meinen wir damit die Summe der Merkmale, anhand deren sich ein Mensch von anderen unterscheiden lässt. Dies betrifft die Eigentümlichkeit seines Wesens; das typische Handeln und Verhalten seiner Persönlichkeit – die sogenannte Subjektivität. Der Begriff schliesst aber auch alle über seinen Charakter hinausgehenden Eigenheiten wie zum Beispiel seinen Körperbau und sein Aussehen mit ein.

 

Im Gegensatz zum Bildnis bezieht sich das Portrait auf die Darstellung dieser oben genannten „äusseren und inneren“ Eigentümlichkeiten. Das Bild / Portrait wird somit zu einer möglichen Deutung der Persönlichkeit / Identität und öffnet sich somit einer Interpretation.

 

Doch in den letzten Jahrzehnten wurde diese Gewissheit immer mehr aufgeweicht. Gerade mit dem Medium Fotografie werden traditionelle Portraitkonzeptionen unterwandert und zielen vermehrt auf eine ausdrücklich konstruierte Identität.

 

Diese Zwiespältigkeit des Individualitätsbegriffs thematisieren auch die Fotografien von Malu Barben. Indem die Künstlerin Menschen aus unterschiedlichen Raum-Zeit-Orten durch Doppelbelichtung vereint, kreiert sie hybride Individuen, die mit dem Rezipienten als befremdliche Einheit kommunizieren. Die Künstlerin zeigt uns damit auf, dass, obwohl sich alle Menschen voneinander unterscheiden, sie sich gerade in diesem Kriterium wieder gleich sind.

 

An der Schnittstelle von Kunst und Wissenschaft stellen sich Verena Gassmanns Video-Portraits von kosovo-albanischen Frauen einer von uns konstruierten kulturellen Identität entgegen. Bewusst bricht die Arbeit stereotypisierte Wahrnehmungen der albanischen Kultur, die oft im Zusammenhang mit Rückständigkeit, Gewalt und Kriminalität gesehen wird, mit ungewohnten Bildern auf. Somit verwischen allgemein herrschende fixe Identitätsvorstellungen und öffnen den Blick für die Wahrnehmung von Differenzen innerhalb der eigenen wie der fremden Kultur.

 

Der Begriff Identität wird normalerweise nicht auf Pflanzen und Tiere angewendet, obwohl auch Pflanzen agieren und reagieren und selbst bei gleichen Arten über ein individuelles Aussehen verfügen. Auch eine kulturelle Identität kann den Pflanzen zugeordnet werden. Im Allgemeinen halten wir ein Individuum für etwas, das denken kann, und spezieller: Ein Ding mit einem Bewusstsein. Die Kenntnisnahme von fremdem Bewusstsein nehmen wir auch über verschiedene Arten von Kommunikation auf. Da Pflanzen über eine chemische Kommunikation verfügen, wird dies von uns schlecht wahrgenommen und sie dadurch nicht als denkendes und fühlendes Individuum anerkannt.

 

Die Cyborg-Aloe-Vera von Denise Kratzer bricht auf poetische Weise unser Verständnis von Pflanzen und unsere Unfähigkeit, mit ihnen auf einer uns verständlichen Weise zu kommunizieren. Durch die menschliche Technik macht sie es der Pflanze möglich, auf unsere Berührung mit Tönen zu reagieren, welche von uns als sprachliche Reaktion empfunden werden. Dadurch verwandelt sich die Pflanze, von uns meist als lebloses oder höchstens vegetierendes „Etwas“ wahrgenommen, in ein Individuum mit einer eigenen Identität.

 

Künstler:
Malu Barben: Fotoinstallation
Verena Gassmann: Viedeo/Text
Denise Kratzer: Medienkunst

 

Vernissage: 08.01.2009 ab 19:00 Uhr
Finissage: 31.01.2009 ab 17:00 Uhr

 

Öffnungszeiten:
Mi 15:00 – 18:00 Uhr
Do 18:00 – 21:00 Uhr
Sa 14:00 – 17:00 Uhr
oder auf Anfrage

 

08.01. – 31.01.2009

 

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